Nachhaltigkeit im Weinbau
Weinbau
Nachhaltigkeit im Weinbau
Nachhaltigkeit gewinnt im deutschen Weinbau immer mehr an Bedeutung. Zunehmend sind Weinerzeuger bestrebt, ihre Betriebsführung durch eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsbetrachtung stetig zu optimieren. Dabei gilt es, die Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales in der Weinwirtschaft gleichermaßen zu berücksichtigen. Weltweit haben sich in den letzten Jahren verschiedene Programme für eine nachhaltige Weinerzeugung entwickelt.
Wie arbeiten nachhaltig ausgerichtete Betriebe?
In den Weinbaubetrieben hat eine nachhaltige Wirtschaftsweise Einfluss auf den Außenbetrieb, die Kellerwirtschaft und die Vermarktung. Jeder Arbeitsschritt, vom Pflanzen des Weinbergs bis zum Versand des fertigen Weins, ist regelmäßig zu hinterfragen und zu verbessern. Dabei gilt es, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen der Nachhaltigkeit im Betrieb gleichermaßen zu berücksichtigen.
Im Außenbetrieb bedeutet das beispielsweise, die weinbauliche Kulturlandschaft mit seiner ökologischen Vielfalt umweltschonend zu erhalten, indem Pflanzenschutz- und Düngemittel nur unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien eingesetzt werden.
Im Vertrieb kann man den CO2-Fußabdruck etwa durch die Verwendung leichterer, dünnwandiger Flaschen vermindern, da diese ressourcenschonender herzustellen und zu transportieren sind. Bei der Vermarktung besteht zudem die Möglichkeit, nachhaltig arbeitende Speditionen zu beauftragen, anstatt die Weine mit dem eigenen Transporter auszufahren.
Innerbetrieblich wird versucht, in allen Bereichen möglichst ressourcenschonend zu wirtschaften, wie zum Beispiel durch die Umstellung auf Ökostrom oder der Installation von Solaranlagen.
Die Einhaltung sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit drückt sich beispielsweise durch die faire Bezahlung und Behandlung der festangestellten Mitarbeiter sowie der zahlreichen Saisonarbeitskräfte aus, die im Weinbau eine besonders große Rolle spielen. Bei all den umzusetzenden Maßnahmen gilt es schließlich auch wirtschaftlich nachhaltig zu handeln, damit sich der Weinbaubetrieb langfristig ökonomisch trägt.
Einen der ersten Nachhaltigkeitsberichte eines Weinguts finden Sie hier als PDF.
Leitfaden des MWVLW (RLP) als PDF
Was unterscheidet die nachhaltige Wirtschaftsweise vom biologischen Weinbau?
Der Unterschied zwischen der reinen ökologischen Anbauweise und einer nachhaltigen Weinwirtschaft ist, dass bei der Zertifizierung ökologischer Betriebe überwiegend umweltrelevante Vorgaben für die Weinbergsarbeiten sowie für die Kellerwirtschaft bestehen, aber soziale und ökonomische Aspekte oder auch der CO2-Fußabdruck in der Weinproduktion weitgehend unberücksichtigt bleiben. Eine nachhaltige Weinwirtschaft beinhaltet dagegen auch Aspekte des ökologischen Weinbaus.

Beispiel für nachhaltige Architektur: Der Weinkeller des Weinguts Weingart (Mittelrhein) wurde unter der Erde im Hang als runder Betonbau komplett nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten realisiert. Über dem Keller befindet sich ein Picknickplatz.

Soziale Aspekte der Nachhaltigkeit: Faire Bezahlung der festangestellten Mitarbeiter und der zahlreichen Saisonarbeitskräfte.

Durch die Verwendung leichterer, dünnwandiger Flaschen kann der CO2-Fußabdruck verringert werden.

Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten neu errichtete Lagerhalle, Weingut Georg Breuer, Rheingau.
Bedeutung der Nachhaltigkeit für die deutsche Weinwirtschaft
Die Weinbranche ist in besonderem Maße von den Witterungsbedingungen und der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen abhängig. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels mit den einhergehenden Wetterextremen ist es für die Weinerzeuger umso wichtiger, so klimaneutral und nachhaltig wie möglich zu wirtschaften. Dadurch wird auch der Erhalt von nicht erneuerbaren Ressourcen und der des Ökosystems Weinberg gezielt unterstützt. Außerdem fördert eine nachhaltige Wirtschaftsweise die Existenz von kleinen Erzeugern, die ein fester Bestandteil der deutschen Weinbranche sind.
Dass in der deutschen Weinwirtschaft nicht nur über Nachhaltigkeit geredet, sondern sie auch umgesetzt wird, zeigt die stetig steigende Zahl der hierzulande zertifiziert nachhaltig arbeitenden Weinbaubetriebe. Zudem ist Deutschland mit drei anerkannten Organisationen, über die eine Zertifizierung der nachhaltigen Wirtschaftsweise im Weinbau möglich ist, gut aufgestellt. Konsumenten erkennen die nachhaltigen Weine anhand der Siegel von Fair’N Green, FairChoice® oder EcoStep-Wein auf der Flasche. Die Hochschule Geisenheim University ist außerdem Gründungsmitglied der im September 2021 neu gegründeten weltweiten Nachhaltigkeitsallianz Sustainable Wine Roundtable. Durch den Förderrahmen Nachhaltigkeit im Weinbau unterstützt das Land Rheinland-Pfalz zudem Kleinbetriebe, wenn sie eine anerkannte Zertifizierung zur betrieblichen Nachhaltigkeit durchlaufen.
Die deutsche Weinbranche engagiert sich auch gemeinsam mit der Wissenschaft in Projekten, die etwa die Biodiversität nachhaltig fördern. Dazu zählt das Programm zur „Entwicklung und Anwendung eines modularen Biodiversitäts-Toolkits für den Weinbau in Deutschland“ AMBITO, in dem über 80 Weinbaubetriebe gemeinsam mit der OrganisationFair’N Green sowie der Hochschule Geisenheim beteiligt sind. Des Weiteren gibt es spezielle von der Bundesregierung geförderte Nachhaltigkeitsprogramme zur Förderung der Biodiversität in Steillagen, unter anderem auch durch die Anlage von Querterrassen.
Die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit sind integrale Elemente in allen Zweigen der Ausbildung im deutschen Weinbau, was langfristig zu einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Weiterentwicklung der deutschen Weinbranche beiträgt.
Zertifizierungsorganisationen für Nachhaltigkeit und weitere Initiativen
FAIR'N GREEN e.V.
2013 gründete sich der Verein FAIR’N GREEN mit Sitz in Bonn. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein ganzheitliches System für nachhaltigen Weinbau zu entwickeln und hilft Winzern dabei, Nachhaltigkeitsziele wie Reduktion der CO2-Emissionen, eine größere Biodiversität und soziales Engagement objektiv mess- und überprüfbar zu machen und integrativ zu erreichen. Konsumenten erkennen die nachhaltigen Weine anhand des Siegels auf der Flasche und können sich für nachhaltige Produkte entscheiden.
Die FAIR’N GREEN-Weingüter unterliegen den Richtlinien des FAIR’N GREEN e.V. Sie müssen nachweislich Prozesse im Weingut etablieren und dauerhaft betreiben, um den gesamten Betriebsablauf, die Arbeit im Weinberg, die Kellerwirtschaft und die Vermarktung im Rahmen einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung stetig zu verbessern. Um dies zu vereinfachen, werden alle Betriebe kontinuierlich beraten. Dabei wird für jedes Weingut im Rahmen der Zertifizierung ein individueller Entwicklungsplan erstellt. Darüber hinaus werden weitere Analysen z.B. zur Ökobilanz oder zum CO2-Fussabdruck erstellt. Um das Siegel führen zu dürfen, müssen die Betriebe als Mindestanforderungen zur Aufnahme 50 Prozent der Punkte aus dem vorgebenen Kiterienkatalog erreichen. Anschließend müssen sich die Betriebe jährlich verbindlich um drei Prozent verbessern. Die Anwendung und Einhaltung der Roichtlinien werden durch jährliche Audits überprüft.
Durch die Mitgliedschaft bei FAIR’N GREEN profitieren die Weingüter vom Austausch untereinander hinsichtlich Wissen, Best Practice-Lösungen und der betriebsspezifischen Bewertung. Das Nachhaltigkeitssystem FAIR’N GREEN ist – unabhängig von der Wirtschaftsweise der Weingüter – sowohl für konventionelle als auch für ökologisch wirtschaftende Betriebe interessant. 86 Betriebe waren 2021 Mitglied bei „Fair‘n Green“, darunter viele namhafte deutsche Weingüter, die sich damit zu ihrer Verantwortung für die Umwelt und für nachfolgende Generationen bekennen und sich öffentlich der Nachhaltigkeit verpflichten.
Mehr Informationen unter: www.fairandgreen.de
FAIRCHOICE ®
Eines der ersten Nachhaltigkeitssiegel der Weinbranche wurde vom Deutschen Institut für Nachhaltige Entwicklung e.V. (DINE e.V.) 2009 in Zusammenarbeit mit der Hochschule Heilbronn entwickelt: FairChoice® ist ein wissenschaftlich fundiertes Siegel für geprüft nachhaltige Weinproduktion und umfasst 44 Kriterien aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Unter den ökologischen Kriterien wurden unter anderem die Themen Wasser, Biodiversität, Pflanzenschutz oder Abfall- und Recyclingmaterial definiert. Ebenso spielen Kriterien des kontrolliert umweltschonenden Weinbaus und Richtlinien von Bioverbänden eine Rolle.
Zu den sozialen Kriterien gehören unter anderem gesellschaftliches Engagement, Aus- und Weiterbildung für Mitarbeiter und ein fairer Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. Die Kriterien werden von einem Wertesystem gestützt, das in der FairChoice®-Charta definiert ist und eine zentrale Rolle für die Betriebe spielt. Auch nach der Zertifizierung wird das Weingut kontinuierlich begleitet und bei der weiteren nachhaltigen Entwicklung beraten und unterstützt.
Mehr Informationen unter: www.fairchoice.info
EcoStep-Wein
Das Management-System EcoStep-Wein wurde speziell für kleine und mittlere Weinbaubetriebe und Sekthäuser gemeinsam mit der Hochschule Geisenheim im Jahr 2005 entwickelt. Es zielt darauf, Betriebsstrukturen zu optimieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Rund 50 Weinbaubetriebe sind bis heute durch EcoStep-Wein zertifiziert und profitieren von einer Verbesserung der Betriebsführung durch Kennzahlen, Ermittlung von Kostensenkungspotentialen und praktiziertem Umwelt- und Arbeitsschutz. 16 Betriebe haben sich zum “Arbeitskreis EcoStep-Wein”zusammengeschlossen und arbeiten kontinuierlich an der Weiterentwicklung des Systems. Seit Januar 2021 ist EcoStep-Wein als Zertifikatsanbieter für den Förderrahmen Nachhaltigkeit im Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz anerkannt.
Mehr Informationen unter: www.ecostep-wein.de

Preis für Nachhaltigkeit in Rheinhessen
Die Stärkung der Nachhaltigkeit ist eine Herausforderung in allen Bereichen der rheinhessischen Weinwirtschaft, aber auch in den vor- und nachgelagerten Produktionsschritten für zukunftsfähige Betriebe in der Weinwirtschaft. Dies wird durch den Wettbewerb um den Preis für Nachhaltigkeit unterstützt, der seit 2012 jedes Jahr ausgeschrieben wird. Die Auszeichnung geht alljährlich an Zulieferer und Firmen für Produkte, Systeme und Dienstleistungen, die die Winzer in ihrem nachhaltigen Wirtschaften unterstützen. Dabei werden die Bewerbungen nach ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten der Nachhaltigkeit geprüft. Mehr Informationen unter: rheinhessen.de/nachhaltigkeit
Leitfaden für Weinbau nach dem deutschen Nachhaltigkeitskodex
Einen kostenfreien Einstieg in die Thematik bietet die Datenbank des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz hat dazu den praxisorienterten "Branchenleitfaden für Weinbaubetriebe zum DNK" herausgegeben. Anhand von 23 weinbauspezifischen Zusatzindikatoren können Betriebe ihre Nachhaltigkeitsstrategie damit im Unternehmen selbstverantwortlich überprüfen und in einer Online-Datenbank dokumentieren. Diese werden vom DNK überprüft und zur Veröffentlichung freigegeben.Insbesondere mittlere und kleine Weinbaubetriebe profitieren von einer regelmäßigen Berichterstattung und Sichtbarkeit beim Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie.
Durch den Förderrahmen Nachhaltigkeit im Weinbau unterstützt das Land Rheinland-Pfalz zudem Kleinbetriebe mit bis zu 3.000 Euro, wenn sie eine anerkannte Zertifizerung zur betrieblichen Nachhaltigkeit durchlaufen.