1. Was ist das Verrückteste, das Ihnen in Ihrem Beruf passiert ist?
Dass ich als Sommelière eine Weinbestellung aufnehmen wollte und der Gast auf die Beratung durch einen männlichen Sommelier bestanden hat. Ich muss heute noch darüber lachen, denn der Gast musste sich mit mir arrangieren, wir befanden uns in meinem eigenen Restaurant.
2. „Sie als Frau…“, war das in Ihrer Karriere ein Thema?
Tatsächlich war es immer ein Thema. Seit 2000 arbeite ich an dem Thema Wein: Als ich als Sommelière angefangen habe, gab es noch nicht viele Frauen in diesem Bereich, weder als Sommelière noch als Winzerin oder im Weinverkauf. Instinktiv habe ich versucht, mir ein Arbeitsumfeld zu suchen, in dem meine Arbeit Geschlechter unabhängig wertgeschätzt wurde, was mir leider nicht immer gelungen ist. Dies war einer der Gründe, warum ich mich für die Selbständigkeit entschieden habe.
3. Wie wichtig ist die Zielgruppe Frauen als Konsumentinnen Ihrer Meinung nach? Gehen Frauen anders mit dem Thema Wein um?
Zum Glück gibt es schon Weinhändlerinnen, die erkannt haben, wie wichtig Frauen als Konsumentinnen sind. Alexandra Dauch von Vin Sur Vin in Berlin z.B. gibt schon seit mehr als 10 Jahren Weinkurse nur für Frauen und ist immer ausgebucht. Ich persönlich denke, dass Frauen etwas offener und experimentierfreudiger sind, was neue Weinaromen und Weingüter angeht. Damit meine ich, dass sie zwar schnell wissen, was sie gerne trinken und was nicht, aber trotzdem immer offen sind, Neues zu probieren.
4. Welches Klischee über Frauen und Wein ärgert Sie am meisten?
Es gibt leider immer noch viele Klischees, die sehr verbreitet sind. Ich bin immer wieder erstaunt, dass Frauen im glasweisen Ausschank oft liebliche Weine und gerne auch Prosecco als Aperitif vorgeschlagen werden - als ob es keine anderen Optionen gäbe.
5. Mit welchem Thema werden Sie sich als nächstes intensiver beschäftigen?
Gerade sind wir dabei, uns intensiver um das Thema der Mitarbeiter*innengewinnung und Förderung zu kümmern - gerade in Hinsicht auf das Thema Wein. Ich freue mich, dass wir Menschen gewinnen konnten, die sich für dieses Thema sehr begeistern.
Das Interview mit Marie-Anne Wild führte Dr. Anja Zimmer
Foto: Nils Hasenau