Details

Meldungen aus dem DWI

Was Björn Bittner über deutsche Weine sagt

15.02.2018

Das DWI interviewt Blogger und Influencer zum Thema „Weinland Deutschland“. Björn Bittner, Weinblogger und weinverliebt sowie einer von Europas reichweitenstärksten Wein-Schreibern, hat über deutsche Winzer und deutsche Weine nachgedacht und uns ein paar Fragen beantwortet.


Wir haben Björn Bittner gefragt:

Welche Flasche (deutschen) Wein öffnen Sie als Nächstes?
Die (neue) Spätlese von Kai Schätzel. Erst seit Dezember auf der Preisliste, gerade erst auf dem Weingut verkostet und für fantastisch befunden. Hatte anfangs etwas Probleme mit dem schätzelschen Stil, was ich Kai auch kürzlich noch gesagt habe. Konnte er verstehen. Nach ein paar Stunden Nachhilfe und einer Reihe leerer Weinflaschen aus Nierstein stehe ich mittlerweile voll auf seine klare, feine Stilistik.

Warum Wein statt Bier?
Schmeckt einfach besser. Ich war nie ein großer Bierfreund. Als meine Schulkollegen damals mit Alt und Kölsch angefangen haben, bin ich bei Wasser und Softdrinks geblieben. Bier hat sich ja mittlerweile auch zum Trendgetränk gemacht, aber man muss ja nicht jeden Trend mitmachen. Sicher gibt es da auch viele Facetten, die Vielseitigkeit von Wein ist für mich aber um ein Vielfaches spannender.

Was kommt nach Orange Wine?
Tja...was kommt danach? Keine Ahnung. Bin auch mit diesem Trend noch beschäftigt... Ich konnte schon eine Reihe an Orange Weinen probieren. Da war wirklich viel dabei, das ich schlichtweg nicht gut, nicht ansprechend fand. Allerdings waren auch eine Reihe sehr spannende Sachen dabei, was ich anfangs nie für möglich gehalten hätte. Jeder soll ja auch das trinken, was ihm Spaß macht und schmeckt – ganz wichtig! Ich selbst habe mich aber noch nicht ausreichend mit dem Thema beschäftigt, um mitreden zu können. Sage ich ganz offen und ehrlich. Warum? Ein Leben reicht eh'  nicht aus für „Wein“. Und da es noch so unglaublich viel „Konventionelles“ gibt, das ich in der Welt des Weines lernen und probieren möchte, konzentriere ich mich erstmal darauf.

In welchem deutschen Anbaugebiet würden Sie gerne mal Urlaub machen?
Gute Frage, da es so viele schöne Ecken gibt. Mosel und Rheinhessen würde ich mal rausnehmen, weil ich dort öfter bin und aus Düsseldorf auch mal spontan einen Abstecher dorthin machen kann. Deshalb würde ich das machen wie auf der ProWein: Ein Gebiet, das nicht so schnell erreichbar ist. Baden. Tolle Weine, schon viel gehört. Das wäre spannend. Generell finde ich aber jedes Weinbaugebiet interessant und einen Besuch wert. Am meisten konnte ich bisher – neben ausführlichem Probieren – in den Anbaugebieten, bei den Winzern selbst lernen. Den Tag gemeinsam mit einem Winzer zu verbringen, den Weinberg zu besichtigen, den Boden anzufassen und sich selbst ein Bild vom Berg zu machen, gemeinsam in den Keller zu gehen und schließlich gemeinsam die Weine zu verkosten, mit der denkbar größten Expertise. Das ist es, was ich wirklich jedem empfehle: Fahrt in die Anbaugebiete, besucht Winzer, lasst euch fesseln und begeistern.

Was läuft in der Gastronomie?
Schon recht viel. Allgegenwärtig ist da natürlich zunächst mal das Personalproblem. Jede Gastronomie sucht, findet entweder nichts, oder nicht das, was sie gebrauchen kann. Das ist schade.

Darüber hinaus sind zwei Trends für mich sehr präsent: ein Prozess vollzieht sich in Sachen Kochstil und in Sachen Wein. Ich selbst bin ein großer Freund der Multikomponentenküche. Schäumchen hier, Blättchen da, aus spanischem Jamon mach Ravioli-"Teig" und all solche Spielereien. Mich begeistern diese Kompositionen auf dem Teller, die Farben, die Präsentation und schließlich natürlich die Harmonie der Komponenten im Mund. Da lässt sich seit einiger Zeit eine Entwicklung hin zum Minimalistischen, Klaren, "vermeintlich" Einfachen erkennen. Komplett anderer Ansatz und aufgrund der Fokussierung auf einzelne Produkte und deren Qualität auch sehr beliebt.

Kommt es zu den Weinkarten der Republik, ist man immer öfter positiv überrascht. Es wird aufgerüstet, und das freut nicht nur mich. Das machen die Gastronomen logischerweise nicht (nur), weil sie selbst gerne Wein trinken, sondern weil die Kunden mehr für Wein sensibilisiert sind, was verschiedenste Gründe hat. Ich selbst beobachte mit Freude, dass auch die "willingness to pay" steigt. Man ist gewillt, für mehr Qualität mehr auszugeben. Das ist super wichtig. Sowohl beim Wein als auch beim Essen.

Verraten Sie uns Ihr liebstes Wein- und Foodpairing?
Eins? Puh. Ich kann ja mal kurz ausholen, wenn das genehm ist. Ich liebe Austern. Da gibt es dann drei Stadien: 1. im Bistro an der Ecke mit Champagner. 2. gesetzt zuhause oder im Restaurant mit Chablis. 3. mit passender Truppe mit Muskat.
Und sonst? Eine marktfrische Käseplatte mit Riesling-Auslese ist natürlich auch ein Oberhammer. Fleisch und Rotwein geht auch immer und auch immer sehr gerne. Rind oder Lamm, ob mit Bordeaux, Spätburgunder aus Deutschland oder auch mal etwas saftig-opulentem aus Übersee. Übrigens: kross angebratenes Steak mit etwas Restsüßem ist auch großartig! Wo ich - aber wahrscheinlich viele andere auch - drauf stehe, ist eine klassische Foie Gras Terrine mit Süßwein, ob der dann aus Deutschland, Frankreich oder Österreich kommt, spielt keine Rolle - einfach herrlich.

Insgesamt hängt es aber auch von Stimmung, Umgebung und der Gesellschaft ab. Da kann schon mal was vermeintlich Unpassendes schmecken oder Neues ausprobiert werden. Und das ist gut so!

Deutsche Weinerzeuger…

  • sind oft Querdenker, passioniert, Visionäre, Menschen, die viele Geschichten erzählen können, mutig.
  • werden zukünftig noch relevanter auf der internationalen Weinbühne, immer mehr als Persönlichkeit hinter dem Wein wahrgenommen – immer für den eigenen Wein, oft für die Region und das Land, manchmal stellvertretend für andere Winzer.
  • waren underrated, in früheren Generationen die Menschen, die den Grundstein für die heutige deutsche Weinlandschaft gelegt haben.

Was Sie schon immer mal über deutsche Weine sagen wollten…
Ich sage ja recht viel zum deutschen Wein. Fast täglich. Zum einen, weil ich sehr viel Kontakt mit ihm habe, zum anderen weil der deutsche Wein irre viel Spaß macht. Natürlich sind wir mit unseren weltklasse Rieslingen gesegnet, haben darüber hinaus aber noch so viel Wein, den es zu probieren, zu trinken und zu lieben lohnt. Und trotzdem komme ich zum Riesling zurück: Gerade im internationalen Vergleich sind unsere Weine preislich immer noch mit das Fairste, was man kaufen und trinken kann.

Ihr nächstes Thema heißt…
Ich denke, das werden die für mich bis dato spannendsten "Wine Places" weltweit. Dazu möchte ich eine kleine Datenbank anlegen, die jederzeit erweitert werden kann und interessierten, vinophilen Reisenden helfen soll. Unter "Wine Places" fasse ich Weinbars, Restaurants und auch Stores/Boutiques zusammen. Nur Restaurants oder Bars wären meines Erachtens zu schade, denn: wer kauft sich nicht gerne mit der richtigen Begleitung eine schöne Flasche und setzt sich an die Seine, in die Weinberge oder in den Garten?!

Ihr letzter Leserkommentar?
„Of course you need to decant/aerate some champagnes that are concentrated, young and tight to get the best out of them! Some growers even suggest on decanting. No worries about the bobbies - just a few will be lost.“ – Von einem Freund aus Litauen, mit dem ich letztes Jahr gemeinsam Reims und Umgebung unsicher gemacht habe. Die Frage war: Sollte man Champagner karaffieren? Ich teile seine Meinung...

Danke an Björn Bittner! Hier geht´s zum Blog bjrlebouquet.com

In dieser Serie erschienen auch:

Weinblogger Björn Bittner hat über deutsche Winzer und deutsche Weine nachgedacht und unsere Fragen beantwortet.