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Glücklich, in diesem Weinland zu leben: Christoph Raffelt
Welche Flasche (deutschen) Wein öffnen Sie als nächstes?
Es wird eine 2011er Auslese des Weinguts von Racknitz von der Nahe sein. Genauer gesagt aus der Niederhäuser Klamm. Das dürfte sehr gut passen zu Stubenküken nach einem Rezept des Londoner Restaurant Nopi. Es ist eine Melange aus orientalischen und asiatischen Noten mit einer Chilisauce und entsprechender Schärfe. Es gibt noch einige Weine des Weinguts bei mir im Keller, auch wenn es das Gut in der ursprünglichen Form mit Matthias Adams als Kellermeister ja leider nicht mehr gibt.
In welchem deutschen Weinanbaugebiet würden Sie gerne Urlaub machen?
Das ist schon ganz konkret. Ich werde mit meinem Sohn in den Herbstferien durch das Remstal wandern. Es geht also von Stuttgart und dem Weingut Schnaitmann aus los, und dann nehmen wir für ein paar Tage den Höhenweg. Diese Region ist nicht nur landschaftlich reizvoll. Sie hat sich auch, was die Weinqualität angeht, neu erfunden.
Verraten Sie uns Ihr liebstes Wein- und Foodpairing?
Es gibt so viele, aber wenn wir in Deutschland bleiben, dann fällt mir spontan ein, worauf ich Lust hätte. Auf Geflügelfrikassee mit Morcheln und dazu einen gereiften, etwas voluminöseren, trockenen Pfälzer Riesling. Großes-Gewächs-Liga darf es da schon sein.
Deutscher Wein ist…
Teil meines Lebens. Sowohl im Arbeitsalltag als Journalist und Texter, als auch zum Essen und zum Genießen. Zum Glück ist deutscher Wein in den letzten Jahren immer spannender und spannender geworden. In der Spitze auf Weltniveau – und das immer noch weitestgehend bezahlbar, wenn man nicht gerade die Weine von Klauspeter Keller ersteigern will. Aber vor allem im ambitionierten Basissegment ist der handgemachte Wein interessanter geworden. Das kann man sehr gut bei der Generation Riesling spüren und auch schmecken. Da hat sich viel verändert, es wird mehr experimentiert und ausprobiert. Und das tut der Szene gut.
Was kommt nach Orange Wine?
Orange bleibt, denke ich. Der so genannte Naturwein auch, und das zu Recht. Beides ist ja eigentlich nicht neu und er kann sehr gut sein, wenn die Winzer damit Erfahrung haben und ihr Handwerk verstehen. Die Erfahrung fehlt häufig noch ein bisschen, aber das ändert sich. Ich glaube, nach Orange Wine wird Orange Wine stärker in die Weine integriert. Also ein Teil wird maischevergoren ausgebaut und dann in die Weine zurück verschnitten. Das scheint mir ein sehr guter Weg zu sein, ohne die Leute geschmacklich zu überfordern. Die ganz großen neuen Hypes sehe ich nicht. Außer etwas, vor dem mir ein wenig graut. Es sind die aromatisierten Weine, die überall im Handel, vor allem in den USA, aber auch in Frankreich auf dem Vormarsch sind und das untere Preissegment bedienen.
Was Sie schon immer mal über deutsche Weine sagen wollten:
Ich bin sehr glücklich, gerade jetzt in diesem Weinland zu leben, wo jedes Jahr neue, engagierte, gut ausgebildete und offene Winzerinnen und Winzer dazu stoßen. Ich nehme an einem Gezeitenwechsel teil, bei dem sich sehr viel verändert. Von voll gespritzen Weinbergen hin zu einem verantwortungsvollen Umgang und zu nachhaltiger und immer öfter biologischer Wirtschaftsweise. Vom reinen Patriarchat hin zu immer mehr Winzerinnen. Von Massenträgern und Massenweinen hin zu echter Qualität und Weltspitze. Von Abschottung hin zu Offenheit und Zusammenarbeit. Wenn man so will, hat sich das komprimiert in rund zwanzig Jahren entwickelt. Das finde ich großartig.
Was läuft im Handel?
Da müsste man vor allem die Händler fragen. Es kommt ja drauf an, welcher Händler sich wo spezialisiert. Bei den meisten läuft bis heute vor allem günstiger Grauburgunder und Prosecco, fürchte ich. Große Gewächse scheinen ganz gut anzukommen, die Gutsweine der Erzeuger weitestgehend auch. Doch um die Ortsweine macht man sich wohl Sorgen. Da gibt es ja eine Initiative, diese Weine stärker zu fördernd und bekannter zu machen. Zu Recht, wie ich finde, denn die Ortsweine bringen schon sehr viel Stilistik und Terroir ins Glas.
Ihr nächstes Thema heißt…
Bei mir geht es momentan viel um Cool Climate. Nach einer großen Chardonnay-Probe organisiere ich gerade eine Pinot-Noir-Probe. Was passiert in den Ländern, die gerne mal als zu warm tituliert werden? Australien und Kalifornien zum Beispiel. Es tut sich eine ganze Menge. Neben Weinen aus Übersee wird es natürlich viel aus Europa geben. Und was Pinot angeht, ist Deutschland ja sehr spannend. Dass bei der Cool Climate Chardonnay-Probe mit dem 2015er Chardonnay Reserve von Tobias Knewitz ein deutscher Chardonnay ganz vorne mit dabei war im sehr gut besetzten Feld, freut mich natürlich ganz besonders. Na, und dann steht natürlich die Planung des Riesling SWAG 2018 an…
Danke an Christoph Raffelt! Hier geht´s zum Online-Magazin Originalverkorkt.de
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